Trauerbegleitung Kärnten: Ein Leuchtturm in der Dunkelheit
Die Plattform “Verwaiste Eltern” unterstützt trauernde Eltern nach dem Tod eines Kindes, bildet Trauerbegleiter:innen aus und bietet wertvolle Informationen für diese schweren Zeiten
Trauerbegleitung ist ein sensibler Prozess, der darauf abzielt, Eltern durch die unermessliche Tiefe ihres Verlustes zu führen, indem ausgebildete Trauerbegleiter:innen Raum zum Trauern geben und gleichzeitig Verständnis und Unterstützung in der schwersten Zeit bieten. Wir haben mit der Leiterin der Plattform “Verwaiste Eltern” der katholischen Kirche Kärnten, Astrid Panger, darüber gesprochen, warum es diese Plattform braucht und welche Aufgaben genau unter Trauerbegleitung fallen.
Rational vs. Emotional – der Weg der Trauer ist ein langer
Die Reise von der anfänglichen rationalen Kenntnisnahme des Verlustes bis hin zum emotionalen Verständnis ist komplex und individuell. Nach der Todesnachricht wirkt ein Schutzmechanismus, der die Emotionen zunächst abschirmt. Es kann Monate dauern, bis die volle emotionale Wucht des Verlustes einen erfasst, ein natürlicher Prozess, der das Bewusstsein langsam auf die Realität vorbereitet. “Viele von uns kennen die Aussage: ich habe das Gefühl er oder sie kommt durch die Tür rein…”, erklärt uns Astrid Panger im Gespräch das Phänomen, das unser Verstand zwar weiß, dass die Tür sich nicht öffnen wird, unsere Gefühle aber noch lange Zeit eine andere Sprache sprechen.
Die Wichtigkeit vom sozialen Umfeld nach dem Tod des Kindes
“Jeder Mensch kann eine Trauerbegleitung sein. Die Familie, die da ist und einem in den Arm nimmt. Andere Eltern aus dem Kindergarten, die die Größeren in der Früh mitnehmen. Die Nachbarin, die Lasagne vor die Tür stellt. All das ist Trauerarbeit aus dem engeren sozialen Netzwerk”, betont Frau Panger im Gespräch die Wichtigkeit vom sozialen Umfeld in den ersten Wochen nach dem Verlust. Sie alle tragen dazu bei, den ersten Schock abzufedern. Mit der Zeit ebbt diese unmittelbare Unterstützung jedoch ab, und die anschließend eintretende Einsamkeit der Trauer kann für viele überwältigend werden.
Pionierarbeit der Trauerarbeit in Österreich
Die Katholische Kirche Kärnten war die erste Institution in Österreich, die mit dem Trauerpastoral für dieses wichtige Thema einen Ort geschaffen hat. Mit dem von Frau Panger initiierten Projekt der Plattform “Verwaiste Eltern” wurde im Jahr 2008 die erste Anlaufstelle für trauernde Eltern geschaffen. Anfangs mit Einzelterminen, heute mit individuellen, laufenden Gruppen- sowie Einzelcoachings, begleitet die Plattform Eltern nach dem Tod eines Kindes.
Gesprächsgruppen gibt es für unterschiedliche Bereich wie etwa
- Suizid,
- Suchterkrankungen,
- Sternenkinder oder
- Folgeschwangerschaften.
Zur Plattform “Verwaiste Eltern”.
Eine Plattform – 2 Missionen
Die Plattform für verwaiste Eltern ruht auf zwei tragenden Säulen, die beide für sich einen wichtigen Beitrag leisten, damit Eltern, Großeltern, Geschwister sowie Freunde nach dem Tod bestens aufgefangen werden und mit ihren Gefühlen nicht allein zurechtkommen müssen.
- Die direkte Unterstützung der Familien und ihres sozialen Umfelds durch Einzelbegleitung und Gruppenangebote.
- Die Ausbildung qualitativ hochwertiger Trauerbegleiter:innen und Schulung von Institutionen und Berufsgruppen wie etwa Krankenhauspersonal, Polizei oder Hebammen.
Diese zweigleisige Herangehensweise stellt sicher, dass sowohl die emotionalen als auch unterstützende Bedürfnisse der Trauernden adressiert werden.
Trauerhilfe in Anspruch nehmen – so geht´s!
“Wir müssen vom Trauernden selbst kontaktiert werden. Auch wenn Freunde oder Familie es lieb meinen, niemand kann für jemand anderen einen Termin vereinbaren. Aber rufen Sie uns dennoch gerne an, lassen Sie sich Flyer schicken und erzählen den Betroffenen offen und ehrlich, warum sie glauben, dass die Plattform mit all ihren Angeboten helfen könnte”, zeigt Frau Panger Möglichkeiten für besorgte Angehörige auf. Hilfe in Anspruch zu nehmen ist kein Schwächezugeständnis – es ist, ganz im Gegenteil, sehr mutig.
Was ist die Aufgabe von Trauerbegleiter:innen?
Die Trauer um ein verstorbenes Kind ist ein individueller Prozess, der durch verschiedene Phasen geht, die nicht linear, sondern in einem ständigen Wechsel von Gefühlen und Stimmungen erlebt werden. Leugnen, Zorn, Verhandeln, Depression und Akzeptanz wechseln sich ab, bleiben für längere Zeit bestehen bzw. kommen erneut auf.
Trauerbegleiter:innen unterstützen dabei, indem sie Phasen benennen und erklären, dass gerade nichts mehr passieren muss als zu trauern. “Auch das schlechte Gewissen (Muss ich auf Nachfragen antworten oder nicht? Den Geschwisterkindern nicht der Elternteil sein, den man im Moment gerne nachkommen möchte.), können meine Kolleg:innen und ich abfedern. Emotionen zeigen ist wichtig und hilft Geschwisterkindern mit dem Verlust umgehen zu lernen.
Zudem ist es essenziell zu erklären, dass jeder Mensch individuell trauert. Den einen unterstützt die Ruhe, den anderen ein strukturierter (Arbeits)Alltag. Oft muss auch eine Vermittlungsarbeit zwischen den Eltern geleistet werden”, so Panger. “Dabei kann es helfen, immer und immer wieder den Sinn hinter der Trauer zu erklären.”
Der Sinn der Trauer: Brücke zum Verstorbenen herstellen
In der Trauer einen Sinn zu finden, kann eine heilende Wirkung haben. Sie dient als Brücke zum Verstorbenen und hilft, das Gleichgewicht zwischen Emotion und Vernunft wiederherzustellen. Die Trauer hält die Verbindung zum verstorbenen Kind aufrecht und unterstützt die Hinterbliebenen dabei, einen Weg durch den Schmerz zu finden. “Wir erleben die Trauer oftmals als Welle, die uns unkontrolliert überrollt. Und gerade hat man sich aus der ersten herausgekämpft, kommt bereits die nächste. Die ständige fremdbestimmte Emotion erleben viele als enorm anstrengend und fordernd.”
“Ich erkläre in meiner Arbeit als Trauerbegleiterin aber immer wieder, dass Trauer kein sinnloses Unterfangen ist. Es stellt die Balance aus Emotion und Verstand her und gibt dem Verstorbenen mit der Zeit einen sicheren Platz in unserem Körper. Ohne Trauer würde das Band zum Verstorbenen einfach reißen. Sie ist unsere Freundin”, führt Frau Panger weiter aus.
Fazit
Die Trauer um ein verstorbenes Kind ist eine der härtesten Prüfungen, denen sich Eltern stellen müssen. Die Unterstützung durch spezialisierte Trauerbegleitung und der Austausch in Gruppengesprächen bieten unverzichtbare Ressourcen auf diesem Weg. Es zeigt sich, dass in der Gemeinschaft und im Verständnis für die individuellen Trauerprozesse eine große Kraft liegt, die es den Betroffenen ermöglicht, trotz des unermesslichen Verlustes weiterzuleben.
Kontakt & Info:
Plattform „Verwaiste Eltern“
Mariannengasse 4
9020 Klagenfurt am Wörthersee
Tel.: 0043(0)463 57770 2132
Handy: 0043(0)676 8772 2132
E-Mail: [email protected]
Home: www.kath-kirche-kaernten.at/verwaiste-eltern